Aktuelle Informationen über Green Transport Logistic & Supply Chain Management.
Die Emissionen des Verkehrssektors tragen wesentlich zu den weltweiten Treibhausgasemissionen bei, weltweit etwa 21 % [1], in Europa 25 % [2] und in Nordamerika 28 % [3]. Etwa 30 % dieser Emissionen entfallen auf den Güterverkehr. Genaue Emissionsberechnungen sind für eine effektive Politikgestaltung und Klimaschutzmaßnahmen unerlässlich.
Primärdaten sind der Dreh- und Angelpunkt für eine zuverlässige Emissionsbewertung und liefern dringend benötigte Erkenntnisse, die erfolgreiche Dekarbonisierungsmaßnahmen vorantreiben und gleichzeitig die Betriebskosten senken können.
Primärdaten spielen bei der Emissionsbilanzierung eine entscheidende Rolle. Sie liefern die genauesten Messungen der verkehrsbedingten Emissionen, da sie auf dem tatsächlichen Kraftstoffverbrauch basieren.
Um die Bedeutung von Primärdaten zu verstehen, ist es notwendig, kurz zu skizzieren, wie Verkehrsemissionen heute legitim berechnet werden können. Die größte Hürde ist die Zugänglichkeit der Daten und die Granularität der Informationen, die den jeweiligen Akteuren in einem verteilten Logistiknetzwerk mit vielen Partnern, die auf sehr unterschiedlichen IT- und Datenmanagement-Ebenen arbeiten, zur Verfügung stehen.
Basierend auf den international anerkanntesten Standards ISO 14083 bzw. GLEC Framework 3.0 aus dem Jahr 2023 gibt es drei verschiedene Methoden, um die Treibhausgasemissionen eines Transports zu bewerten.
1. Das Primärdatenlabel darf nur verwendet werden, wenn der Energieverbrauch auf Sensormessungen (Telematik) oder Tankvorgängen basiert.
2. GPS-Signale allein sind zwar Sensordaten, liefern aber keinen Wert für den Energieverbrauch und sollten daher nicht als Primärdaten gekennzeichnet werden.
3. Modell- und Standarddaten sind immer aktivitätsbasiert, d.h. der wesentliche Teil des Energieverbrauchs basiert auf einer Berechnung oder Annahme.
4) Je nach Transportmerkmalen gibt es Mischformen zwischen den Ansätzen (z.B. Teilladungen), die für die Zuordnung der Emissionen zu einzelnen Gütern relevant sind.
Die Beurteilung der Qualität eines Modellansatzes ist nicht einfach. Die Modellierung kann zwar sehr genaue Ergebnisse liefern, wenn viele Einflussparameter bekannt sind, sie kann aber auch wenig zusätzliche Informationen im Vergleich zu Standardwerten liefern, wenn die Datenquellen keine weitere Kalibrierung des Modells zulassen. Die Nuancen der Fahrzeugtypen, des Kraftstoffverbrauchs und der Betriebsbedingungen sind alle bereits implizit in den Primärdaten enthalten und daher für eine detaillierte Emissionsinventur von unschätzbarem Wert. Die Berechnungsmethode allein ist kein geeignetes Maß zur Beurteilung der Qualität des Datensatzes, bietet aber eine erste Orientierung.
Primärdaten im Verkehrssektor können u. a. durch moderne On-Board-Diagnosesysteme (OBD) und Aufzeichnungen über den Kraftstoffverbrauch erfasst werden. Jede Methode hat ihre Vorteile, bringt aber auch Herausforderungen mit sich, wie z. B. technische Komplexität und Kostenerwägungen. Wenn sie jedoch wirksam eingesetzt werden, können diese Methoden Daten liefern, die unser Verständnis der Verkehrsemissionen verändern können.
Technologische Fortschritte wie IoT und Telematik haben die Datenerfassung revolutioniert. Gleichzeitig verändert auch das regulatorische Umfeld die Nutzung von Daten. Das europäische Datenrecht beispielsweise zielt darauf ab, den Austausch und die Nutzung von Daten in der gesamten EU zu erleichtern. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie Daten über Verkehrsemissionen erfasst, ausgetauscht und genutzt werden, und eine stärkere Standardisierung und Zugänglichkeit gewährleisten.
In anderen Bereichen kommt die Standardisierung von Industrieprotokollen der Möglichkeit der Nutzung von Primärdaten zugute, z.B. dem (Remote) Fleet Management Standard (FMS/rFMS) in der Fahrzeugtelematik oder dem Ziel der Standardisierung von Schiffsberichten (Noon Reporting). Der Markt befindet sich jedoch noch in einem sehr frühen Stadium der Datenerfassung, da die meisten IT-Systeme und Datenbanken für die Verwaltung von Aufzeichnungen über Frachttransaktionen und nicht für die Abbildung der tatsächlichen Frachtbewegungen entwickelt wurden.
Trotz ihres Potenzials ist die effektive Nutzung von Primärdaten nicht frei von Hindernissen. Probleme wie Datenschutz, komplizierte Verwaltungssysteme und der Bedarf an Standardisierung bleiben bestehen. Durch die Einführung von Best Practices, die diesen Bedenken Rechnung tragen, können Interessenvertreter das Potenzial von Primärdaten voll ausschöpfen und neue Möglichkeiten zur Emissionsminderung erschließen. Zwei Best Practices in der Branche, die ihre Emissionen bereits auf der Grundlage von Primärdaten berechnen, sind die Transportunternehmen RINNEN und Weigand Transporte.
Die größte Herausforderung ist der zuverlässige Austausch von Primärdaten über mehrstufige Transportnetzwerke hinweg. Dies bedeutet, dass die Transportunternehmen, die den Transport tatsächlich durchführen, Dienste anbieten, die ihren direkten Kunden nachträglich Emissionsdaten auf der Ebene einzelner Sendungen und Kunden zur Verfügung stellen. Häufig handelt es sich dabei um Spediteure, die die Aufzeichnungen selbst verarbeiten, die Primärdateneingänge eines multimodalen Transports zu einer Haus-zu-Haus-Transportkette zusammenfassen und diese dann an ihre Kunden (BCOs, Verlader) weiterleiten müssen.
Um dieses Maß an Transparenz zu erreichen, muss jeder Beteiligte über ein zuverlässiges und standardisiertes Datenmanagementsystem verfügen und die Daten ohne wesentliche menschliche Eingriffe über APIs und ein standardisiertes Protokoll kommunizieren, das auch von den verschiedenen Anbietern von Planungs-, Versand- und Frachtbuchungssoftware in der Logistikbranche verwendet werden kann.
Die intelligente Nutzung von Primärdaten hat weitreichende Auswirkungen auf die Verkehrspolitik. Sie kann die Gesetzgebung zu neuen Emissionsstandards leiten, die Infrastrukturplanung beeinflussen und die Entwicklung nachhaltiger Verkehrstechnologien vorantreiben. Es liegt in der Verantwortung der Marktteilnehmer, in den kommenden Jahren einen kohärenten und umfassenden Ansatz für das Management von Verkehrsemissionen zu entwickeln. Dieser Ansatz muss auf Genauigkeit und Primärdaten basieren, wo immer dies möglich ist, um ein übermäßig vereinfachtes Buchhaltungssystem und Raum für Greenwashing und Manipulation zu vermeiden.
Die Integrität der Berechnungen von Verkehrsemissionen war noch nie so wichtig wie heute. Durch die strategische Nutzung von Primärdaten, ergänzt durch modernste Technologien und regulatorische Unterstützung, ist der Verkehrssektor in der Lage, erhebliche Fortschritte bei der Emissionsminderung zu erzielen. Dies wird nicht über Nacht geschehen. Es wird Jahre dauern, die notwendige Infrastruktur, Prozesse und Vereinbarungen mit Partnern aufzubauen. Aber die Mühe wird sich auszahlen, denn wir werden ein sehr viel zuverlässigeres Bild von den Aktivitäten der gesamten Lieferkette erhalten und eine solide Grundlage für Dekarbonisierungsentscheidungen haben, die sich auf große Investitionssummen auswirken. Der Weg in eine kohlenstoffarme Zukunft des Verkehrs ist bereits eingeschlagen, und Daten treiben den Wandel voran.
Quellenangabe:
[1] https://www.statista.com/statistics/1129656/global-share-of-co2-emissions-from-fossil-fuel-and-cement/
[2] https://www.eea.europa.eu/en/topics/in-third/transport-and-mobility
[3] https://www.epa.gov/ghgemissions/sources-greenhouse-gas-emissions
Autor: Rainer Oszcipok
ELOXESS EXPERTS e. K.
www.eloxess.de
März 2024